Vom Hörsaal in die Haßberge

Viele bayerische Regionen stellen sich der Herausforderung, Nachwuchsärzte für ihre Kommunen zu gewinnen. Die Kassenärztliche Vereinigung Bayern (KVB) sowie das Bayerische Staatsministerium für Gesundheit und Pflege (StMGP) nehmen den Fachkräftemangel ebenso wahr und unterstützen niederlassungswillige Jungmediziner in regel- bzw. unterversorgten Gebieten mit Zuschüssen, um die Attraktivität zur Niederlassung zu erhöhen. Auch in der Gesundheitsregionplus Landkreis Haßberge wurde das Thema intensiv diskutiert.

Aktuell ist die hausärztliche Versorgung für den Bereich Haßfurt mit einer Versorgungsquote von 82,32 Prozent regelversorgt, für den Bereich Ebern gilt sogar eine Überversorgung mit 110,93 Prozent. Anhand dieser Quoten legt die Kassenärztliche Vereinigung Bayern fest, ob sich in einer Planungsregion überhaupt ein williger Arzt niederlassen darf. Die Quote dient auch als Richtwert für Fördermöglichkeiten.

Zur Versorgungsquote wird von der KVB auch immer das Durchschnittsalter der Mediziner im Versorgungsbereich erhoben. Hier zeigt sich, dass der Landkreis zwar aktuell gut versorgt, aber das Durchschnittsalter unserer Hausärzte mit 57 bzw. 57,4 Jahren relativ hoch liegt. In zehn bis 15 Jahren wird also – wenn nicht adäquat nachbesetzt werden kann – eine große Lücke entsteht, wenn viele Hausärzte in den Ruhestand gehen. In einem Zukunftsforum, das im Oktober 2016 stattfand diskutierten Mediziner, Bürgermeister und Kreisräte im Beisein von Staatsministerin Melanie Huml (StMGP) Lösungsansätze für dieses Dilemma.

Deutlich wurde bei der Veranstaltung, dass es künftig nicht mehr nur alleine von den Ärzten geschafft werden kann, den Nachwuchs zu sichern, sondern dass es im Miteinander mit Kommunen und anderen Verantwortlichen vor Ort geschehen muss. Deutlich wurde bei der Veranstaltung, dass es künftig nicht mehr nur alleine von den Ärzten geschafft werden kann, den Nachwuchs zu sichern, sondern dass es im Miteinander mit Kommunen und anderen Verantwortlichen vor Ort geschehen muss. „Die Gesundheitsregionplus Landkreis Haßberge will deshalb einen neuen Weg gehen“, so Landrat Wilhelm Schneider. 

 

MAIN SOMMER

Im September 2017 fand daraufhin erstmals ein strukturiertes Famulaturprogramm in den Haßbergen statt. Der Arbeitstitel: „Main Sommer“. Der Ansatz ist, die Famulatur als Pflichtpraktikum des Medizinstudiums zu nutzen, um Studierenden sowohl den Beruf des Hausarztes als auch die Region schmackhaft zu machen. Nebenbei knüpfen die Studierenden Kontakte zu ansässigen Medizinern und Schlüsselpersonen vor Ort. Seit dem Jahr 2019 wird zusätzlich zur hausärztlichen Famulatur in Kooperation mit den Haßberg-Kliniken die Klinikfamulatur im Rahmen des „Main Sommers“ angeboten. Ab dem Jahr 2021 kam des Weiteren die ambulante Famulatur beim Facharzt dazu und erweitert das Erfahrungsspektrum noch weiter.

Das Famulaturprogramm könnte auch als "Famulatur plus" bezeichnet werden. Bis zu 14 Studierende können gemeinsam untergebracht werden, es soll auch Unterstützung bei der täglichen Fahrt zur Praxis geben. Jeder Teilnehmende geht tagsüber in seine jeweils zugeteilte Praxis oder Abteilung in der Klinik. Darüber hinaus gibt es zusätzliche Gruppenangebote an einigen Abenden und den Wochenenden. So sollen die Studierenden die Möglichkeit erhalten Inhalte, die im theoretischen Studium zu kurz kommen zu vertiefen. Beispielsweise sind Ultraschallkurse, praktisches Üben von chirurgischen Nahttechniken oder der Umgang mit einem EKG geplant. Bei Interesse sollen die Studierenden auch den Notarztdienst kennenlernen dürfen. Auch die Vernetzung untereinander und das Kennenlernen von wichtigen Ansprechpartnern im Landkreis sollen nicht fehlen. Deshalb sind Freizeitangebote wie Wanderungen mit anschließendem Biergartenbesuch gemeinsam mit Ärzten der Region geplant.

Der „Main Sommer" ist ein Gemeinschaftsprojekt regionaler Gesundheitsversorger. Bei der Planung, Vorbereitung und Umsetzung wird die Gesundheitsregionplus daher stets von Vertretern der niedergelassenen Ärzteschaft, den Haßberg-Kliniken und dem BRK-Kreisverband Haßberge unterstützt. Darüber hinaus wird das Programm freundlicher Weise durch den Bayerischen Hausärzteverband e.V., den Ärzteverein Haßberge e.V. sowie die Sparkasse Schweinfurt-Haßberge finanziell gefördert.

Insgesamt wurde der Main Sommer sieben Mal (2017 - 2023) angeboten. 

 

MAIN FRÜHLING 

Im Jahr 2023 wurde in Zusammenarbeit mit der Universität Würzburg das "Main Blockpraktikum" konzipiert und im Frühjahr 2024 erstmals erprobt. Während der prüfungsfreien Zeit hatten hierbei bis zu 5 Medizinstudierende die Möglichkeit ein vorgezogenes zweiwöchiges Blockpraktikum in Lehrpraxen des Landkreises Haßberge zu absolvieren. Neben den Tätigkeiten in den Hausarztpraxen wurden praktische Workshops an der kommunalen Klinik sowie Freizeitaktivitäten angeboten. Das "Main Blockpraktikum" könnte somit als kleinere Version des "Main Sommers" betrachtet werden. 

Im Zuge dieser Erprobung wurde auch der "Main Sommer" neu konzipiert und vom Sommer ins Frühjahr gezogen. Hintergrund ist, dass künftig das begleitete Blockpraktikum ("Main Blockpraktikum"), wie auch das Famulatur-Programm (früher "Main Sommer") parallel angeboten werden kann, um für die Teilnehmenden noch mehr Synergien zu erzeugen.

Ab dem Jahr 2025 haben künftig immer im Frühjahr bis zu acht Studierende der Universität Würzburg die Möglichkeit ihr (vorgezogenes) Blockpraktikum in akademischen Lehrpraxen der Gesundheitsregionplus zu absolvieren. Zeitgleich können bis zu acht Studiernede aus ganz Deutschland ihre klinische oder hausärztliche Famulatur durchführen. Die Teilnehmenden profitieren dabei durch die gemeinsamen Workshops und Freizeitangebote und die damit einhergehende intensive Vernetzung untereinander.