Vom Hörsaal in die Haßberge
Viele bayerische Regionen stellen sich der Herausforderung, Nachwuchsärzte für ihre Kommunen zu gewinnen. Die Kassenärztliche Vereinigung Bayern (KVB) sowie das Bayerische Staatsministerium für Gesundheit und Pflege (StMGP) nehmen den Fachkräftemangel ebenso wahr und unterstützen niederlassungswillige Jung-Mediziner in regel- bzw. unterversorgten Gebieten mit Zuschüssen, um die Attraktivität zur Niederlassung zu erhöhen. Auch in der Gesundheitsregionplus Landkreis Haßberge wurde das Thema intensiv diskutiert.
Aktuell ist die hausärztliche Versorgung für den Bereich Haßfurt mit einer Versorgungsquote von 97,17 Prozent regelversorgt, für den Bereich Ebern gilt sogar eine Überversorgung mit 114,65 Prozent. Anhand dieser Quoten legt die Kassenärztliche Vereinigung Bayern fest, ob sich in einer Planungsregion überhaupt ein williger Arzt niederlassen darf. Die Quote dient auch als Richtwert für Fördermöglichkeiten.
Zur Versorgungsquote wird von der KVB auch immer das Durchschnittsalter der Mediziner im Versorgungsbereich erhoben. Hier zeigt sich, dass der Landkreis zwar aktuell gut versorgt, aber das Durchschnittsalter unserer Hausärzte mit 54,8 bzw. 57,1 Jahren relativ hoch liegt. In zehn bis 15 Jahren wird also – wenn nicht adäquat nachbesetzt werden kann – eine große Lücke entsteht, wenn viele Hausärzte in den Ruhestand gehen. In einem Zukunftsforum, das im Oktober 2016 stattfand diskutierten Mediziner, Bürgermeister und Kreisräte im Beisein von Staatsministerin Melanie Huml (StMGP) Lösungsansätze für dieses Dilemma.
Deutlich wurde bei der Veranstaltung, dass es künftig nicht mehr nur alleine von den Ärzten geschafft werden kann, den Nachwuchs zu sichern, sondern dass es im Miteinander mit Kommunen und anderen Verantwortlichen vor Ort geschehen muss. Deutlich wurde bei der Veranstaltung, dass es künftig nicht mehr nur alleine von den Ärzten geschafft werden kann, den Nachwuchs zu sichern, sondern dass es im Miteinander mit Kommunen und anderen Verantwortlichen vor Ort geschehen muss. „Die Gesundheitsregionplus Landkreis Haßberge will deshalb einen neuen Weg gehen“, so Landrat Wilhelm Schneider.
Im September 2017 fand daraufhin erstmals ein strukturiertes Famulaturprogramm in den Haßbergen statt. Der Arbeitstitel: „Main Sommer“. Der Ansatz ist, die Famulatur als Pflichtpraktikum des Medizinstudiums zu nutzen, um Studierenden sowohl den Beruf des Hausarztes als auch die Region schmackhaft zu machen. Nebenbei knüpfen die Studierenden Kontakte zu ansässigen Medizinern und Schlüsselpersonen vor Ort. Seit dem Jahr 2019 wird zusätzlich zur hausärztlichen Famulatur in Kooperation mit den Haßberg-Kliniken die Klinikfamulatur im Rahmen des „Main Sommers“ angeboten. Ab dem Jahr 2021 kommt des Weiteren die ambulante Famulatur beim Facharzt dazu und erweitert das Erfahrungsspektrum noch weiter.
Das Famulaturprogramm könnte auch als Famulatur plus bezeichnet werden. Bis zu 14 Studierende können gemeinsam untergebracht werden, es soll auch Unterstützung bei der täglichen Fahrt zur Praxis geben. Jeder Teilnehmer geht tagsüber in seine jeweils zugeteilte Praxis oder Abteilung in der Klinik. Darüber hinaus gibt es zusätzliche Gruppenangebote an einigen Abenden und den Wochenenden. So sollen die Studierenden die Möglichkeit erhalten Inhalte, die im theoretischen Studium zu kurz kommen zu vertiefen. Beispielsweise sind Ultraschallkurse, praktisches Üben von chirurgischen Nahttechniken oder der Umgang mit einem EKG geplant. Bei Interesse sollen die Studierenden auch den Notarztdienst kennenlernen dürfen. Auch die Vernetzung untereinander und das Kennenlernen von wichtigen Ansprechpartnern im Landkreis sollen nicht fehlen. Deshalb sind Freizeitangebote wie Wanderungen mit anschließendem Biergartenbesuch gemeinsam mit Ärzten der Region geplant.
Der „Main Sommer" ist ein Gemeinschaftsprojekt regionaler Gesundheitsversorger. Bei der Planung, Vorbereitung und Umsetzung wird die Gesundheitsregionplus daher stets von Vertretern der niedergelassenen Ärzteschaft, den Haßberg-Kliniken und dem BRK-Kreisverband Haßberge unterstützt. Darüber hinaus wird das Programm freundlicher Weise durch den Bayerischen Hausärzteverband e.V., den Ärzteverein Haßberge e.V. sowie die Sparkasse Schweinfurt-Haßberge finanziell gefördert.